Längsseits betrachtet ein kleines, weißes Boot ohne Mast, das an einer Hafenmauer liegt. Der blaue Teint des Bildes zieht sich vom Hafenbecken über die Wiese bis ins offene Meer und den Himmel.
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Willkommen auf dem Tummelplatz des Appspressionismus

Ein Beitrag über Apps, die Arbeitsweise des Künstlers und warum er womöglich Fischer ist.

Vielleicht bin ich Kunstfischer? Zumindest kommen mir meine Reisen, meist per Fahrrad oder zu Fuß, manchmal so vor. Die Schleppnetze des eigenen Hirns – keiner weiß, an welchen Synapsen sie verankert sind, aber sie hängen dem Reisenden unsichtbar und für die Umgebung völlig unschädlich an.

Zwischen Beachvolleyball-Feldern führt eine Reifenspur über den Strand. Der Pfosten eines Netzes wirft einen markanten Schattenin die linke untere Ecke des Bildes.
Es lohnt sich hin und wieder, am Strand von Gandia eine Weile den Wandel der Sonne zu beobachten. Und mit ihr das Wandern der Schatten. Von dem Motiv gibt es mehrere Instanzen mit verschiedenen Schattenpositionen. Diese ist die beste. Ein Blatt im Kalender 2018 mit Kunstwerken und Maschinen von MudArt-Legende Heiko Moorlander, der mit schweren Maschinen Schlammkunstwerke kreiert.

Beim Radeln oder Wandern ist man langsam genug, um Blicke in die Hinterhöfe der Reise zu wagen, um zu verharren, um ein Bild wirken, ja, es erst entstehen lassen zu können, denn oft kommt es auf den richtigen Winkel an. Den richtigen Zeitpunkt, die Schattenwürfe. Und ein bisschen Glück spielt dabei auch eine Rolle (wie im abgebildeten Kunstwerk Pole Position, dem 365 Daily vom 9. August) . Ja, Glück und Geduld und Langsamkeit, denn, auch wenn man sich langsam und aufmerksam bewegt, so ist es doch nur ein Bruchteil des Möglichen, was man wahr und Bild werden lässt.

Ich glaube, genau davon erzählt meine Shop-Linie 365-Daily. Sie zeigt einen Ausschnitt aus mittlerweile fast acht Jahren iPhoneography. Fast ein Jahrzehnt scheinbar schneller Schnappschüsse, die meist mit der acht Megapixelkamera eines iPhone 4s aufgenommen wurden und in einem Postprozess mit verschiedenen Apps bearbeitet wurden. Manche Bilder sind auch unbearbeitet. Sehr wenige wurden mit einer Spiegelreflexkamera aufgenommen (und per Mail ans Smartphone gesendet zur Weiterbearbeitung).

Das ist Appspressionismus. Lerne, dich deiner eigenen Apps zu bedienen. Sie spielerisch-kreativ zu kombinieren. Tu so, als hättest du einen Werkzeugkasten vor dir mit Hammer, Zange, Schraubenschlüsseln, ein paar Nägel und Bretter. Mache dich ans Werk.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass meine Lieblingsapp Hipstamatic ist. Die Retrokamera schlechthin. Sie lässt sich prima mit anderen Apps kombinieren. Da wäre zum Beispiel ProCamera als Allrounder zur Bildverbesserung, zur Gestaltung der rohen Erstaufnahme. Aber auch Spielzeuge wie das Sphären-Programm TinyPlanet, mit dem man kleine Planetenbilder erzeugen kann. Diptic und TurboCollage zur Gestaltung von Collagen und der Destruktor Decim8, mit dem man die Pixel per Zufallsgenerator – ähm, besser Zufallsdestruktor – sezieren kann und neu arrangieren.

Es ist ein bunter Tummelplatz des Appspressionismus, auf dem ich mich seit fast einem Jahrzehnt herumtreibe. Die Serie 365-Daily zeigt einen winzigen Ausschnitt der entstandenen Kunstwerke.

Nicht alle Kunstwerke sind ansehnlich, dekorativ, sind das, was man als Einzelbild gerne an der Wand hängen hätte. Ich hatte eine Weile überlegt, ob ich die Bildauswahl ‚kritischer‘ gestalten sollte. Mehr auf Verkaufbarkeit achte. Aber ich bin doch kein Geschäftemacher, ich bin Künstler und als Künstler muss ich immer das große Ganze im Fokus haben. Die Bilder auf einer Skala von brilliant bis normal oder gar unansehnlich bilden eigentlich eine repräsentative Menge nach, ähnlich wie wir Menschen als Gesellschaft. Jegliche Wertung ist eigentlich fehl am Platz, aber ich kann es verstehen. So ticken wir. Wir werten immer das Eine gegen das Daneben. Oder den einen Menschen gegen den daneben. Man könnte eine Auswahl noch so brillianter Bilder erstellen und es würden sich immer noch Gefälltmirbessers heraus kristallieren. Aber die Gesamtgruppe an Bildern ist in ihrer Schönheit unschlagbar.

Ich kann nur jedem empfehlen, der Kunst sammelt, mich auf die Produktion einer Gesamtserie 365-Daily 2019 anzusprechen. Ihr braucht allerdings eine großgenuge Wand.

Ende Jahr werde ich auf einem Kunstdiwan mit 365 Einzelkunstwerken ruhen, der sich sehen lassen kann. Die Gesamtkomposition aller 365-Daily Motive würde auf einer Wand von etwa 70 Metern Länge Platz finden, wenn man sie alle nebeneinander hängen würde. Oder knapp 16 Quadratmeter, fast vier mal vier Meter, wenn man sie im Quadrat arrangierte. Bei Arrangement in fünf Reihen kommt man mit einer 15 Meter langen Wand aus.

Schon träume ich von einer Ausstellung. Die Reihenschaltung auf 73 Metern fände ich am sympathischsten.

Das Beitragsbild und Shop-Motiv des heutigen Tages entführt Euch in den Mai 2018 nach Schweden. Fast am südlichsten Punkt des Landes gibt es einen kleinen Hafen in der Nähe des Ortes Abbekas, in dem das Boot verankert ist. Inklusive der unsichtbaren irgendlinkschen Schleppnetze der feinen Künste.

 

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